«Er ist ein Spinner, ein Verrückter», winkt Dumeng Schorta ab, als er auf die Volvo Leidenschaft seines Neffen angesprochen wird. Dabei ist der 76-jährige Engadiner selbst schuld an Fabian Schortas Liebe zur schwedischen Marke. Sein neuestes Projekt ist tatsächlich etwas verrückt …
Auf den ersten Blick scheint der blau-grüne Volvo 960, Jahrgang 1991, einfach ein altes Auto zu sein. Hier ein Kratzer, dort eine kleine Delle – Spuren eines langen, intensiven Autolebens. Aber wie so oft bei älteren Volvo Fahrzeugen lohnt es sich, genauer hinzuschauen. «Als ich ihn gekauft habe, war er in einem sehr schlechten Zustand, hatte viele Beulen, aber nur wenig Rost. Es war die perfekte Basis für mein Vorhaben: ich wollte einen Camper, und zwar einen voll funktionsfähigen.»
Man kommt aus dem Staunen nicht heraus, welche Welt sich öffnet, wenn die Heckklappe hochgeht. Fabian Schortas Kombi ist ein vollausgestatteter Camper mit Küche, Dusche, Schlafzimmer, Licht, fliessendem Wasser, eigenem Strom und WLAN. Natürlich kann man auch darin schlafen; wie in jedem Volvo 960 Kombi, bei dem sich die Rücksitze im Boden versenken lassen und ihn damit zum King-Size-Schlafgemach werden lassen.
Wie alles begann
Oder wie sein Onkel Dumeng in breitestem Bündner-Dialekt sagt: «Er isch a Spinna, a Verruckta.» Das ist keine Beleidigung, aber vielleicht eine Art von Entschuldigung. Sein Onkel ist schuld an Fabians Leidenschaft für Volvo. «Ich hatte zwanzig Jahre lang eine Volvo Garage. Aber gell, wir haben nicht viel verkauft, wir waren ein ganz kleiner Fisch.»
Volvo for Life
Während andere für GTIs oder andere Kürzel schwärmten, gab es für Fabian Schorta nur eine Marke: Volvo. Als 18-Jähriger bekam Fabian von seinem Onkel einen alten Volvo 345 GLS. «Ich habe dieses Auto geliebt.»
Nachdem er sich schweren Herzens vom 343er trennen musste, kaufte sich Fabian einen Volvo 740. Welcher Jungspund macht das schon?! So bekam er den Spitznamen Volvo, wie ihn seine engen Freunde bis heute nennen. Es folgten weitere Volvo Modelle, vom Volvo 480 bis V50. Aber mit dem dritten Kind musste ein neues Auto her. «Für drei Kinder mit Kindersitz gibt es bei Volvo den XC90. Und der ist eher was für Manager.» Aus Liebe zur Familie trennte er sich kurzzeitig von seiner Lieblingsmarke und kaufte sich einen Minivan.
Traum in blau-grün
Doch die Leidenschaft lässt sich nicht mit einer Anzahl Sitzplätze bändigen. «So überredete ich meine Frau, einen Volvo 960 kaufen zu können.» Warum? «Das fragte mich auch meine Frau. Beim 960 handelt es sich um ein Auto, das mich seit meiner Jugend fasziniert. Schon als Kantischüler habe ich dieses Modell gezeichnet. Und jetzt endlich wollte ich meinen Traum wahr werden lassen.»
Seinen Traum in blau-grün fand er in Luzern. «Zuerst hab ich mal die schlimmsten Sachen repariert, bevor ich mich an den Fahrzeuginnenraum machte.» Damit hätten sich die meisten zufrieden gegeben. Allerdings nicht Fabian Schorta. Der Zernezer Tourismuskoordinator und Eventmanager wollte das Unmögliche möglich und aus einem Volvo 960 einen funktionsfähigen Camper machen. Mit allem Drum und Dran.
Der Sackmesser-Camper
«Monatelang habe ich getüftelt, gezeichnet, Prototypen entwickelt, verworfen, verbessert – bis alles passte.» In nur eineinhalb Jahren ist daraus ein Camper im «Schweizer Armeesackmesser»-Format entstanden. Inklusive Licht, Schubladen, Ablageflächen und Wassertank. Jeder Millimeter wurde so clever genutzt, dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. Im Stauraum des Kombis findet Platz, was nicht mal in grossen Campern selbstverständlich ist: fliessendes Wasser, WLAN, natürlich auch Küche, Dusche und Schlafkoje. Nur gerade ein paar Symbole verraten, was sich hinter der Heckklappe verbirgt.
«Es fehlen noch das Dachzelt, ein paar Stühle und eine Toilette. Dann will ich dem Volvo noch einen toughen Offroad-Charakter verleihen – ein bisschen Wikingerstyle. Aber das wars dann …», glaubt der 45-Jährige.
«Bevor ich jetzt noch mehr in den Camper-Ausbau investiere, muss ich mich zuerst um ein paar technische Sachen kümmern.» Eigentlich wollte Fabian das Getriebe mit seinem Onkel Dumeng in dessen Garage auseinandernehmen. «Ich bin ja kein ausgebildeter Automechaniker.» Nun scheint es so, dass Fabian das Getriebe seines Volvo 960 doch in einer befreundeten Volvo Garage machen lassen will, die auf Young- und Oldtimer spezialisiert ist. «Ich hoffe, meine Frau zu überzeugen, dass wir damit spannende Reisen unternehmen können. Sie hat nämlich immer ein wenig Angst, dass wir keine hundert Kilometer weit kommen.» Sein Ziel ist klar: «2023 planen wir, damit durch Schweden zu fahren.» Spätestens dann wird die ganze Familie so begeistert sein wie der Vater.