Wer hat eigentlich gesagt, dass man zum Aufladen eines vollelektrischen Fahrzeugs einen Stopp einlegen muss? Nach provisorischen Versuchsstrecken wird in Südschweden nun eine 21 Kilometer lange Strecke dauerhaft elektrifiziert.
Volvo Cars wird ab 2030 nur noch vollelektrische Autos produzieren. Um das ambitionierte Ziel – Netto-Null-Treibhausgasemissionen bis 2040 – zu erreichen, muss das Ladeinfrastruktur-Netz massiv ausgebaut werden.
Stromschienen im Boden
Einen unkonventionellen Ansatz wählt man in Schweden. Das Heimatland von Volvo hat das Ziel, bis 2030 unabhängig von fossilen Brennstoffen zu sein. Es müssen also Lösungen her. Schon seit bald einem Jahrzehnt werden in Schweden Tests gemacht mit sogenannten «elektrifizierten Strassen». In den ersten Pilotprojekten ging es darum, Oberleitungen für Omnibusse durch Stromschienen im Boden zu ersetzen, was eine erhebliche Senkung der Baukosten mit sich bringt.
Carrera-Bahn-Prinzip
Das Prinzip der Bodenleitungen funktioniert ähnlich wie bei Scalextric-Bahnen, die bei uns besser als «Carrera-Bahnen» bekannt sind. Die Energie wird von zwei Schienen in der Strasse über einen beweglichen Arm, der am Boden des Fahrzeugs befestigt ist, übertragen. Wenn ein elektrisches Fahrzeug ein anderes überholt, entkoppelt sich der Arm von der Schiene und schliesst sich danach automatisch wieder an. Das System funktioniert sogar kommerziell: Es kann den Energieverbrauch des Fahrzeugs berechnen, wodurch die Stromkosten individuell belastet werden können.
Induktives Ladesystem
Die elektrifizierte Schiene im Boden ist nur eines der Systeme, die getestet werden. Ein anderes Prinzip, das auch Volvo Cars in der Gothenburg Green City Zone einsetzt, ist ein induktives Ladesystem, bei dem die Technologie in der Strasse über eine elektromagnetische Spule an der Unterseite des Fahrzeugs in die Batterie geleitet wird.
Die erste weltweit dauerhafte Elektro-Strasse
Mittlerweile gibt es in Schweden vier provisorisch elektrifizierte Strassen. Eine davon, die 21 Kilometer lange Strecke auf der Autobahn E20 zwischen Hallsberg und Örebro, wird nun permanent elektrifiziert. Es handelt sich damit um die weltweit erste dauerhaft elektrifizierte Strasse.
Kleinere Batterien
Elektrifizierte Strassen lösen nicht nur das Ladeinfrastruktur-Problem, sondern haben auch einen anderen, äusserst positiven Nebeneffekt. Wie eine Studie der schwedischen Chalmers University of Technology zeigt, wären durch die Kombination von elektrifizierten Strassen auf einem Viertel der verkehrsreichsten europäischen Strassen und Heimaufladungen keine grossen Batteriepakete mehr nötig. Die Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass ein Drittel der aktuellen Grösse reichen würde.
Das bedeutet: Weniger Ressourcen bei der Herstellung von Batterien sowie effizientes Energiemanagement. Ein weiterer Nebeneffekt wird sein, dass sich die elektrifizierten Strassen hervorragend als Fahrspur für selbstfahrende Autos eignen. Die Zukunft hat bereits begonnen – der Volvo EX90 ist dank einer Vielzahl von Sensoren sowie LIDAR-Technologie schon jetzt bereit dafür.
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