Sie ist mythisch, wild und galt lange als unbezwingbar: die Via-Mala-Schlucht. Heute führen sichere Wege durch die spektakuläre Schlucht, die zum Teil dem römischen Pfad folgen.
Einst war der Transport von Gütern zwischen Norden und Süden eine mühsame und gefährliche Angelegenheit. Besonders eine Stelle des Alpentransits wurde so berühmt wie berüchtigt: die Via Mala.
Via Mala heisst übersetzt «schlechter Weg». Es ist zugleich Warnung vor dieser rund acht Kilometer langen Schlucht zwischen Thusis und Zillis-Reischen, in deren Tiefe sich der Hinterrhein über die letzten 10’000 Jahre in das Schiefergestein geschliffen hat. Die wilde Gischt spritzt in die Höhe, als brodle darunter ein Höllenfeuer. Oder wie es Johann Wolfgang von Goethe 1788 beschrieb: «Der Weg über den Splügen ist unbeschreiblich schön, die Via Mala ist der schauerlichste Felsenpass in der ganzen Schweiz.»
Leider fanden in der unbändigen Schlucht einst viele Säumer ein frühes Ende ihrer Reise. Obwohl bereits seit der Bronzezeit Händler die Schlucht passierten, blieb das Nadelöhr jahrhundertelang ein grosses Risiko. Ein falscher Tritt auf den glitschigen Holzstegen und unsicheren, in den Felsen geschlagenen Pfaden bedeuteten den sicheren Tod. Erst 1739 fanden die ersten steinernen Bogenbrücken einen sicheren Weg durch die tosende Schlucht. Das sprach sich herum: Bis zu 400 Saumpferde waren zwischen Thusis und Chiavenna täglich im Einsatz, bevor die Eröffnung des Gotthardtunnels diese Alpenroute unattraktiv machte.
Von der Intensität dieses Ortes spürt man – im Volvo fahrend – auf dem Teilstück der A13 zwischen Thusis und Zillis-Reischen wenig. Der mehrspurige, gut ausgebaute Strassenverlauf, der zum San-Bernardino-Tunnel führt, windet sich über Brücken und durch Tunnels durch die Schlucht.
In den letzten Jahrzehnten wurde nicht nur in die Moderne investiert, sondern auch das Historische erhalten. Ein Besucherzentrum erzählt die Geschichte dieser beschwerlichen Handelsroute und erklärt die ursprünglichen Wanderwege, die römischen Pfade, die historische Brücken, die Felsenpfade und -traversen etc. Wer sich auf den Weg durch die Schlucht macht, wird nicht enttäuscht. Die Urgewalt des hier noch wilden Rheins ist spektakulär.
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